Stellungnahme zur Altersdebatte bei Corona-Maßnahmen
8. April 2020. Sollte allein das chronologische Alter eines Menschen darüber entscheiden, welche medizinische Behandlung jemand erhält oder wie frei er sich innerhalb unserer Gesellschaft bewegen darf? Uwe Martin Fichtmüller, Geschäftsführer des ASB Landesverbandes Sachsen e.V., reagiert mit seiner Stellungnahme auf eine diesbezügliche Positionierung der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie.
„Auch wenn sich tendenziell abzeichnet, dass sich die geltenden Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen positiv auf die Entwicklung der COVID-19-Fallzahlen auswirken, wird die große Welle der schwer Erkrankten in den meisten deutschen Kliniken erst noch erwartet. Nicht nur das medizinische Personal vor Ort stellt sich die bange Frage, welche Behandlungsstandards gelten werden, sollten die Klinikkapazitäten dann an ihre Grenzen kommen.
Gerade in Grenzsituationen kommt es weiterhin darauf an, ethische Grundsätze im Blick zu behalten. Hierzu gehört, dass Menschen nicht pauschal aufgrund ihres kalendarischen Alters benachteiligt werden dürfen. Menschliches Leben entzieht sich grundsätzlich Effizienz- und Nützlichkeitserwägungen. Wenn dieser Grundsatz nicht mehr gilt, sind wir nicht mehr weit von der verhängnisvollen Kategorie des ‚Unwerten‘ entfernt.
Uns als Hilfsorganisation, die allen Menschen gerade in Krisen- und Katastrophensituationen zur Seite steht, ist die potentielle Gratwanderung zwischen der Machbarkeit von Präventions- und Therapiemaßnahmen und dem ethischen Anspruch natürlich bewusst. Aber gerade deshalb und aus unserem Selbstverständnis heraus, treten wir ganz besonders jetzt für unsere humanistische Grundüberzeugung ein.
Vor diesem Hintergrund schließe ich mich der aktuellen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie vom 30. März an, die dazu auffordert, alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2 -Pandemie zu unterlassen, die lediglich mit dem chronologischen Alter argumentieren. Für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft müssen wir sowohl Altersdiskriminierungen als auch Zwietracht zwischen den Generationen verhindern.“
Uwe Martin Fichtmüller, Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bunds Landesverband Sachsen e.V., 8. April 2020